Peer-Review-Gesellschaft

Der Grad der Wissenschaftlichkeit einer Gesellschaft lässt sich nur an der Dichte und Komplexität des Geflechts der intersubjektiven Verifizierung und Falsifizierung messen. Im Grunde bedeutet das: der Grad, in dem wir - kollektiv als eine Gesellschaft, die aus einem Netzwerk von Menschen besteht, die sich gegenseitig aufeinander beziehen - es schaffen, die Informationen, Vermutungen, Methoden, Behauptungen und Ideen der anderen zu überprüfen, doppelt und dreifach zu überprüfen, sowie die Qualität, Effizienz und systemische Optimierung dieser Überprüfungen. Eine Peer-Review-Gesellschaft? Ja, warum nicht - zumal das Peer-Review-System selbst kritisiert und verbessert wird.

 

Hanzi Freinacht - Empirical Politics: Why We Need A Peer-reviewed Society - Metamoderna

Leben

Versuche dich den Veränderungen, die auf dich zukommen, nicht zu widersetzen. Lasse stattdessen das Leben durch dich leben. 

Elif Shafak, The Forty Rules of Love

Bewusstsein

Das Wissen um unser eigenes Wesen, wie es wirklich ist - das Wissen des Bewusstseins um sich selbst in uns - ist die Erfahrung von Frieden, Glück oder Liebe.

Rupert Spira, Consciousness

Ich setzte den Fuss....



Ich setzte den Fuss in die Luft und sie trug.

Hilde Domins

Der Engel in dir



Der Engel in dir

freut sich über dein

Licht

weint über deine Finsternis.

Aus seinen Flügeln rauschen

Liebesworte

Gedichte Liebkosungen.

Er bewacht

deinen Weg

Lenk deinen Schritt

engelwärts.

Rose Ausländer

Das Schönste


Ich flüchte
in dein Zauberzelt
Liebe

Im atmenden Wald
wo Grasspitzen
sich verneigen

weil
es nichts Schöneres gibt

Rose Ausländer

Mutter Sprache



Ich habe mich 

in mich verwandelt

von Augenblick zu Augenblick

in Stücke zersplittert

auf dem Wortweg

Mutter Sprache

setzt mich zusammen

Menschenmosaik

Rose Ausländer

Buchenblatt


Ein Buchenblatt
Wie aus dem Wald
Meiner Heimatstadt
Fliegt in mein Zimmer

Es kam
Mich zu trösten

Jene junge Zeit
Ein Gedankenort
Da wohnen die verlorenen
Freunde und Berge

Feines Geäder
Eine Widmung für mich

Rose Ausländer

Im Atemhaus

Unsichtbare Brücken spannen 

von dir zu Menschen und Dingen

von der Luft zu deinem Atem

Mit Blumen sprechen

wie mit Menschen

die du liebst

Im Atemhaus wohnen

eine Menschenblumenzeit

Rose Ausländer

Noch bist du da

Wirf deine Angst 

in die Luft

Bald

Ist deine Zeit um

bald

wächst der Himmel

unter dem Gras

fallen deine Tränen

ins Nirgends

Noch

duftet die Nelke

singt die Drossel

noch darfst du lieben

Worte verschenken

Noch bist du da

Sei was du bist

Gib was du hast

Rose Ausländer

Frühling - Ostern des Lebens





David Steinl-Rast schreibt dazu:

Liebe Freunde,

seit einiger Zeit kommen mir immer wieder Ostereier in den Sinn. "No na!" sagt man da in Österreich – das ist ja zu erwarten; Ostern steht vor der Tür.

Was mir aber zu denken gibt, ist, daβ unsere Ostereier eigentlich gar nicht zu dem passen, was wir zu Ostern feiern: Neues Leben. Aus einem hartgekochten Ei wird in Ewigkeit kein Kücklein ausschlüpfen. Und gar die kunstvoll bemalten (die noch dazu hohl sind); kein Kücken mit etwas Schönheitssinn würde sich getrauen, so ein Kunstwerk zu zerbrechen. Aber ums Zerbrechen geht's mir hier.

Manchmal fühle ich mich selber wie ein Kücken, das pickt und pickt und nicht aufhören wird, bis es aus seiner winzigen Welt in eine unendlich gröβere ausbrechen kann. Dabei geht aber das Ei in Brüche.

Und da wendet sich jetzt meine Perspektive:

Die von uns gemachte Welt ist dabei in Brüche zu gehen. Das läβt sich nicht mehr leugnen. Aber trifft etwa das, was da äuβerlich geschieht, mit meinem inneren Streben nach Weite zusammen? 

Dürfen wir vielleicht hoffen, daβ durch die Risse in unserer zerbrechenden Welt uns schon der frische Wind einer unvergleichlich weiteren neuen Welt entgegenweht?

Hoffen heiβt offen sein für Überraschung.

Wir wollen in Hoffnung verbunden bleiben.

Euer Bruder David

Rilkes Frühling 6



Wenns Frühling wird -

Die ersten Keime sind, die zarten,  

im goldnen Schimmer aufgesprossen;  

schon sind die ersten der Karossen 

im Baumgarten. 

Die Wandervögel wieder scharten 
zusamm sich an der alten Stelle, 
und bald stimmt ein auch die Kapelle 
im Baumgarten. 

Der Lenzwind plauscht in neuen Arten 
die alten, wundersamen Märchen, 
und draußen träumt das erste Pärchen 
im Baumgarten.

Rilkes Frühling 5

Ein Frühlingswind -

Mit diesem Wind kommt Schicksal; 

laß, o laß es kommen, 

all das Drängende und Blinde,
vor dem wir glühen werden - 

alles das.

Sei still und rühr dich nicht, 

daß es uns finde.
O unser Schicksal 

kommt mit diesem Winde.

Von irgendwo 

bringt dieser neue Wind,
schwankend vom Tragen namenloser Dinge,
über das Meer her 

was wir sind.

…. Wären wirs doch. 

So wären wir zuhaus.
Die Himmel stiegen in uns auf und nieder.
Aber mit diesem Wind 

geht immer wieder
das Schicksal riesig 

über uns hinaus. 

Rilkes Frühling 4





Die Vögel jubeln – lichtgeweckt –,

die blauen Weiten füllt der Schall aus;

im Kaiserpark das alte Ballhaus

ist ganz mit Blüten überdeckt.

Die Sonne schreibt sich hoffnungsvoll 

ins junge Gras mit großen Lettern. 

Nur dorten unter welken Blättern 

seufzt traurig noch ein Steinapoll. 

Da naht ein Lüftchen, fegt im Tanz 

hinweg das gelbe Blattgeranke 

und legt um seine Stirn, die blanke, 

den blauenden Syringenkranz.

Rilkes Frühling 3





Schon, horch, 

hörst du der ersten Harken Arbeit; 

wieder den menschlichen Takt
in der verhaltenen Stille der starken
Vorfrühlingserde. 

Unabgeschmackt 

scheint dir das Kommende. 

Jenes so oft dir schon Gekommene 

scheint dir zu kommen wieder wie Neues. 

Immer erhofft, nahmst du es niemals. 

Es hat dich genommen.

Selbst die Blätter durchwinterter Eichen
scheinen im Abend ein künftiges Braun.
Manchmal geben sich Lüfte ein Zeichen.

Schwarz sind die Sträucher. 

Doch Haufen von Dünger 

lagern als satteres Schwarz in den Aun.

Jede Stunde, die hingeht, wird jünger.

Rilkes Frühling 2





Frühling ist wiedergekommen 

Die Erde ist wie ein Kind, 

das Gedichte weiß; viel, o viele ... 

Für die Beschwerde langen Lernens bekommt sie den Preis.

Streng war ihr Lehrer. 

Wir mochten das Weiße 

an dem Barte des alten Manns.
Nun, wie das Grüne, das Blaue heiße,
dürfen wir fragen: sie kanns, sie kanns!

Erde, die frei hat, du glückliche, 

spiele! - nun mit den Kindern. 

Wir wollen dich fangen, fröhliche Erde. 

Dem Frohsten gelingts.

O, was der Lehrer sie lehrte, das Viele,
und was gedruckt steht in Wurzeln 

und langen schwierigen Stämmen: 

sie singts, sie singts!

Rilkes Frühling 1





Vorfrühling

Härte schwand.

Auf einmal legt sich Schonung 

an der Wiesen aufgedecktes Grau.

Kleine Wasser ändern die Betonung.

Zärtlichkeiten, ungenau,

greifen nach der Erde 

aus dem Raum.

Wege gehen weit ins Land und zeigen's. 

Unvermutet siehst du 

seines Steigens Ausdruck 

in dem leeren Baum.

Zentrale Aufgaben unserer Zeit

«Wenn wir überleben wollen, brauchen wir neue Formen von Gemeinschaft: Gemeinschaft mit Menschen und Völkern, mit Tieren und Pflanzen, mit allen Wesen der Natur und der Schöpfung. Wir brauchen Gemeinschaften der Ko-Evolution, der Zusammenarbeit und der gegenseitigen Unterstützung aller Beteiligten, weil sie alle dem gleichen Lebensdrang folgen. Alle werden von dem einen Sein, dem einen Bewusstsein, geleitet. Alle zusammen bilden die große Familie des Lebens auf der Erde. Die Wiederentdeckung der Gemeinschaft, die Fähigkeit, gemeinsam zu leben, und die Bereitschaft, mit allen Wesen zu kooperieren - das sind die zentralen Aufgaben unserer Zeit.»

Dieter Duhm

Pfeilschnell…

„Pfeilschnell fliegt die Zeit davon. Geht unser Leben nicht in die Tiefe, so vergeuden wir es."
Meister Guishan

Die gute Nachricht - Bachelor of Being

Der Bachelor of Being ist ein erfahrungsorientiertes fünfmonatiges Vollzeit-Bildungsprojekt für junge Erwachsene. Ort: ein Biohof nahe Kassel. Teilnehmen können 25 junge Menschen zwischen 18 und 25, unabhängig von ihrer Herkunft, Weltanschauung und Vorbildung. Der Bachelor of Being ist eine Art „philosophisches Orientierungssemester". Inhaltlich werden die großen alten philosophischen Fragen aufgeworfen: Wer bin ich? Was kann ich wissen? Was soll ich tun? Was ist ein gut gelebtes Leben? Was ist Liebe? Wie gelingen Beziehungen? Und was ist überhaupt der Sinn dieser Veranstaltung, die sich Leben nennt? Aber es wird nicht nur nachgedacht und abstrakt herumphilosophiert - Im Gegenteil: Theoretische Impulse großer Denker*innen, spiritueller Lehrer*innen und Aktivist*innen wechseln sich ab mit vielen praktischen Übungen, persönlichen Challenges, Experimenten als Gruppe, künstlerischem Tätigsein, Naturerfahrung, alltäglichem Tun, Kurz-Praktika und Engagements in der Region. 

Miteinander wird erforscht und entdeckt worauf es im eigenen Leben und beim Zusammenleben ankommt. Es wird gelernt, sich zu zeigen, zu sich zu stehen, transparent zu kommunizieren und mit unterschiedlichen Gefühlen und Bedürfnissen umzugehen. Die Bereitschaft, immer wieder mal still zu werden und nach innen zu fühlen, wird vorausgesetzt.

Textauszüge von: www.bachelor-of-being.de

Ein integraler Blick auf den Krieg

„Da sie der Komplexität der Welt nicht angemessen begegnen können, können Autokraten erheblichen Schaden für alle anrichten – wenn wir es erlauben. Angesichts zunehmend planetarischer und nicht selten irreparabler Konsequenzen derartiger Schäden steht die Weltgemeinschaft vor dem Dilemma, wie
sie global destruktives Verhalten nicht nur
bewerten, sondern stoppen bzw. einhegen
kann. Die schnell beschlossenen tiefgrei-
fenden Wirtschaftssanktionen waren ein
guter erster Schritt.
Gleichzeitig ist es wichtig, die Menschen
in Russland nicht zu Feinden zu machen
und sie irgendwie zu erreichen, um der
Staatspropaganda etwas entgegenzusetzen. …Denn um ein gedeihliches
Miteinander, ja, das Überleben auf diesem
Planeten sicherzustellen, sind wir zuneh-
mend darauf angewiesen, »die Gesundheit
der ganzen Entwicklungsspirale« zu wah-
ren, wie Ken Wilber formuliert. Das ist ein
integraler Blick, der unsere Entfaltung als
Eine Menschheit fördern will. Dies bedeu-
tet, dass jede Entwicklungsstufe ein Exis-
tenzrecht hat, aber nicht das Recht, das Le-
ben und die Entwicklung aller anderen zu
torpedieren.
Eine entwicklungssensible, integrale Po-
litik von morgen muss daher nicht nur die
Entwicklung aller fördern, sondern auch Bestehendes integrieren und bewahren: also dafür sorgen, dass positive Evolution auf allen Ebenen nicht durch außer Rand und Band geratene Entwicklungsverweigerer zunichte gemacht wird."

Textbausteine aus einem Artikel von Elke Fein, Vorabdruck evolve Magazin 34

Einsichten

„Einsichten sind immer anders als die Vorstellung, die wir von ihnen haben."

Niklaus Brantschen: „Gottlos beten" (2021)

Alles mit allem verbunden

„Wenn ich erkenne, dass alles mit allem verbunden ist, dann finde ich die Motivation, mein Verhalten zu ändern, weil mein Verhalten sich aufs Ganze auswirkt."

Liane Stephan

Grundlegende Intelligenz

„Die grundlegendste Form der Intelligenz besteht darin, das menschliche Herz vollständig zu bewohnen"

Diane Musho Hamilton, evolve Magazin 33

Zwischen den Zeiten - Stille

Finde einen Baum und lass ihn dich Stille lehren

Zwischen Zeiten - Feste feiern

Menschen einladen, miteinander essen, miteinander trinken, zusammensein, Geschichten erzählen, lachen, nachdenklich werden, alle möglichen Stimmungen, alle Farben des Lebens miteinander teilen. Jetzt leben wir, genau jetzt in dieser Zwischenzeit, mitten im Übergang, den wir nicht überblicken können. Also feiern, mächtig lebendig oder auf stille Weise, was eben möglich ist.