Sonntag, 1. September 2024

Soziale Energie I

 

Der in Dänemark geradezu kultisch verehrte Philosoph Knud Ejler Løgstrup macht das an der einfachen Frage deutlich, ob Liebe (zu Kindern, Partnern oder Freunden) als egoistisch oder als altruistisch zu qualifizieren sei. Seine Antwort lautet, die Unterscheidung mache an dieser Stelle überhaupt keinen Sinn. Genuine Liebe sei sowohl egoistisch als auch altruistisch, oder genauer: weder – noch, denn sie ist ein partizipatives Geschehen, bei dem Geben und Empfangen zusammenfallen. Und siehe da: Ebendies gilt für mehr oder minder alle sozialen Aktivitäten, bei denen wir Energie tanken können.

Lohnt es sich? Und: cui bono? Dies sind die Grundfragen der Input-Output-Orientierung, und meine Diagnose lautet: Erstens, wir stellen uns diese Fragen individuell und kollektiv immer öfter und immer verzweifelter und in immer mehr Lebensbereichen – und werden, zweitens, immer erschöpfter dabei. Was fehlt, ist der Sinn für die Dimension des energetischen Geschehens dazwischen und damit zugleich für das Gelingen des Interaktionsprozesses. Vielleicht ist es kein Zufall, dass die Dänen bei der Frage nach Glück und Lebenszufriedenheit stets vorderste Ränge einnehmen.

 

Hartmut Rosa

 

https://www.uni-erfurt.de/forschung/aktuelles/forschungsblog-wortmelder/soziale-energie-diese-kraft-zu-verstehen-ist-ueberlebenswichtig-fuer-uns-alle

 

 


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